Sie fördern durch Erinnerung Versöhnung, Toleranz und Frieden

Grußwort zum Landesvertretertag Brandenburg des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge am 13. März 2010 in Potsdam

Herzliche grüße ich Sie zum Landesvertretertag BB des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge. Sie haben ein gewaltiges Arbeitsprogramm: mehrere Berichte sind zu prüfen, wichtige Wahlen stehen an und vermutlich werden lebhafte Debatten im Plenum und den Pausen geführt.

Der Landesvberband Brandenburg der deutschen Kriegsgräberfürsorge hat sich in den letzten 2 Jahrzehnten zu einer hoch geachteten zivilgesellschaftlichen Aktivität entwickelt. Mit einem bemerkenswerten ehrenamtlichen Engagement haben Sie ihr Anliegen in Brandenburg verankert – aber auch andere wichtige Vorhaben unterstützt. Sie sind zu einem Begriff geworden für Friedensarbeit, Versöhnungsdienste, Verständigung und Toleranz. Sie haben mit Argumenten, aber vor allem aber mit konkretem Handeln überzeugt!

Kriegsgräberfürsorge hat vor 20 Jahren einen schweren Start gehabt, die Menschen hatten mit dem Totalumbruch der Gesellschaft zu kämpfen, jeder Zweite verlor seinen bisherigen Arbeitsplatz, nach dem ersten Jubel über Freiheit und Westgeld bemerkten wir, dass nichts von allein kommt und jeder und jede voll für sich zu tun hat.
Hinzu kam, dass in der DDR deutsche Soldatengräber nachrangig behandelt wurden. Wer sich um sie kümmerte, wurde sogar als Nazifreund, Provokateur, Agent des feindlichen Westen verdächtigt! Erdmute Labes und Ernst Teichmann haben sehr viel davon erzählt. Aber auch von diskreter Unterstützung aus der Bevölkerung und sogar von manchen Staatsfunktionären.

Denn Kriegsgräber gibt es nirgendwo in Deutschland so viele wie in Brandenburg. Wahrscheinlich 200 000 Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft ruhen in Brandenburgs Erde. Noch in den letzten Wochen und Tagen des 2. Weltkrieges starben zwischen Oder und Elbe viele Zehnausend. Deutsche, Russen Ukrainer, Weißrussen Polen und Menschen anderer Nationen. In den schwersten Schlachten in Deutschland um Seelow und Halbe, aber auch Kämpfen in vielen anderen Städten und Dörfern, kamen zahllose Soldaten, aber auch Zivilisten und vor allem Flüchtlinge, ums Leben.

Das Land war mit Leichen bedeckt, wie nie zuvor in seiner langen Geschichte! Beherzte einzelne Bürger, oft auch Kirchengemeinden, nahmen sich der Toten an, bemühten sich um Identifizierung und begruben sie auf Feldern, in Wäldern, in Gärten, auf Friedhöfen einzeln, in Massengräbern, in Granattrichtern. Halbe wurde zu einem Symbol des Schreckens, aber auch der Fürsorge und Totenehrung. Ich weiß, wovon ich rede, ich kenne die Schrecken des Krieges und habe mich als Jurist der Kirche bemüht, in der DDR die unerwünschte Kriegsgräberfürsorge zu unterstützen.

Heute bin ich sehr glücklich über Ihre Arbeit: Vorbildlich sorgen Sie für die Grabpflege, aber auch die Betreuung der Angehörigen, von Anfang an haben Sie gute Jugendarbeit geleistet. Jugendbegegnungsarbeit klärt auf, schafft Gemeinschaftserfahrung auch bei körperlicher Arbeit. Die Begegnung mit Jugendlichen anderer Länder ist praktische Völkerverständigung. Internationale Gedenk- und Erinnerungsarbeit ist Auseinandersetzung mit der Geschichte und lässt erleben, wie existenznotwendig die Achtung vor dem Anderen für ein friedvolles Miteinander ist. An den Gräbern sinnlos getöteter Menschen kann hautnah und überzeugend die Notwendigkeit von Friedensarbeit in Deutschland, Europa und weltweit erfahren werden!

Sie haben ein arbeitsreiches Jahr bewältigt, mit über 200 Umbettungen, mit zahlreichen Führungen auf Kriegsgräberstätten, mit Jugendlagern in Brandenburg, Belarus und Frankreich, mit sechs Benefizkonzerten, mit dem Aufbau eines Archivs und einer äußerst erfolgreichen Haus- und Straßensammlung.
Doch die Arbeit muss weitergehen: In Brandenburg werden noch über lange Jahre die sterblichen Überreste von Kriegstoten zu bergen und umzubetten sein. Es wird ständig schwieriger, Grablagen aus der Kriegszeit zu finden und die Toten zu bergen. In Brandenburgs Wäldern sind noch viele Kriegstote zu vermuten. Deutsche und Russen.

Denn die Zahl der Vermissten ist immer noch weit höher als die der geborgenen Toten! Weiterhin werden Vermisste gesucht. Angehörige, nachwachsende Generationen wollen die Gräber ihrer Kriegstoten sehen! Das ist häufig auch politische Bildung, Seelsorge, humanistischer Dienst.

Der VDK Landesverband Brandenburg muss auch seine Bemühungen fortsetzen, damit Ehrenmale nicht zu Schandmalen werden. Eine überzeugende Konzeption der D-RUS-Erinnerungsstätte Seelow wird gebraucht. Auch an die tapferen Frauen und Männer des 20. Juli 1944, die zu einem großen Teil aus der Gemeinde Garnisonkirche Potsdam kamen, ist zu denken. Ich hoffe, dass 2014, 70 Jahre nach dem gescheiterten Versuch, Hitlers Mordkrieg zu beenden und Deutschlands Ehre zu retten, an der Erinnerungs- und Bildungsstätte Turm der Garnisonkirche Potsdam schon kräftig gearbeitet wird.

Sie haben wieder ein spannendes Jahr vor sich und werden ihre bewährte Arbeit fortsetzen. Die Bildungsstätte Halbe wird vorankommen. Die Partnerschaften mit Unterstützern sind auszubauen. Und die Geldsammlungen können nicht nur dringend benötigtes Geld bringen, sondern auch wichtige Öffentlichkeitsarbeit sein! Vielleicht kann die Stimme des Landesverbandes Brandenburg auf Ebene des Bundes noch mehr Gehör finden. Denn wo liegt mehr Arbeit an?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihre wichtige gesellschaftliche Arbeit gebührt Ihnen höchste Anerkennung! Denn Sie betreiben keine rückwärtsgewandten überflüssigen Aktivitäten. Sie stehen mitten im Leben, Sie fördern durch Erinnerung, Versöhnung, Toleranz, Frieden. Und das ist unser aller Verpflichtung.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Arbeitsjahr 2010 und heute gute Ergebnisse.

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