Vorwort: „Wir haben noch so viel vor“

Ingrid und Manfred Stolpe: Wir haben noch so viel vor
Unser gemeinsamer Kampf gegen den Krebs
221 Seiten
erschienen 2010 bei Ullstein-Buchverlag Berlin

Vorwort

Dieses Buch wollten wir eigentlich gar nicht schreiben. Denn es geht darin um unser ganz persönliches Leben, das wir immer nur sehr ungern in der Öffentlichkeit ausgebreitet haben. Und es geht um das Thema Krebs – eine Krankheit, die uns beide hart traf. Eine Krebserkrankung lässt einen zu Tode erschrecken, verschlägt einem die Sprache – und viele Betroffene schweigen lieber. Krebskranke fürchten, ausgegrenzt und abgeschrieben zu werden, viele empfinden die Diagnose „Bösartiger Tumor“ als Todesurteil. Kaum jemand spricht gerne über seine Ängste, seine Unsicherheit. Die Ursachen einer Krebserkrankung sind vielfältig und teilweise unklar, die Behandlungsmethoden verzeichnen zwar inzwischen Erfolge, eine vollständige Heilung gibt es aber bislang nicht. Mit dem Krebs leben zu müssen ist sehr belastend für die Patienten und ihr Umfeld.

Wir haben dieses Buch dennoch geschrieben, weil wir erlebt haben, wie viele Betroffene den Erfahrungstausch suchen. Wir sind in unserem bewegten Leben immer wieder von Menschen zu den verschiedensten Themen angesprochen worden. Doch nie so häufig und eindringlich wie nach dem Bekanntwerden unserer Krebserkrankung. Das Bedürfnis, sich mit anderen auszutauschen, zuzuhören und zu reden, ist enorm groß. Vielen Betroffenen reicht es nicht, das Mitleid der Gesunden und die Ratschläge der Fachleute zu hören, sie möchten teilhaben an den Ängsten, Schmerzen und Hoffnungen der Weggefährten.

So entschlossen wir uns, öffentlich über unsere Erfahrungen mit dem Krebs zu berichten und auch das Lebensumfeld darzustellen, in dem unser Leiden entstanden ist und ausgehalten wird. Wir hoffen, dass unsere Erlebnisse anderen Krebskranken Mut machen in dunklen Stunden der Schmerzen, Ängste und Ratlosigkeit. Wir wissen auch um die Heimtücke der Tumore, die jahrelang unbemerkt heranwachsen, die Körper der Menschen zerstören und sich mit Schmerzen und allgemeiner Hinfälligkeit oft erst dann melden, wenn das Leben nicht mehr zu retten ist. Beide haben wir erlebt, wie wichtig deshalb Vorsorgeuntersuchungen gerade bei völlig gesund wirkenden Menschen sein können. Eine im Frühstadium erkannte Krebserkrankung hat heute sehr gute Chancen, erfolgreich eingedämmt zu werden. Die moderne Medizin, ausgestattet mit Präzisionstechnologie, spürt bei vergleichsweise geringen Belastungen für die Patienten auch winzige Tumore auf und verfügt über wirksame Therapieverfahren.

Die Mühsal der Untersuchungen ist verschwindend gering im Vergleich zu den Behandlungen bei einem zu spät erkannten Krebsleiden. Deshalb raten wir allen Menschen dringend, die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen zu nutzen. Die Brustkrebsvorsorge übernehmen Krankenkassen bei allen Frauen ab dreißig Jahren, ein jährlicher Darmkrebs-Check wir bei Patienten ab fünfzig bezahlt.
Wenn es uns gelingt, mit unserem Erfahrungsbericht einigen Krebskranken Hoffnung zu geben und andere zur Vorsorgeuntersuchung zu bewegen, dann hat sich dieses Buch, dieser Schritt in die Öffentlichkeit schon gelohnt.