Festakt „25 Jahre Landtag Brandenburg“

23. September 2015 – es gilt das gesprochene Wort

Ich bedanke mich für die Ehre hier und heute sprechen zu dürfen.
Demnächst werde ich 80 Jahre alt und da bewegen mich heute unser vor 25 Jahren wiedergeborenes Brandenburg und wie es aus meinem Erleben dazu kam. Ich bin ein Kriegskind und ein Flüchtling. Das Kinderlied, das wir im Mai 1945 sangen, war ein sehr alter Text, den alle in der Zeit als sehr ernst empfanden.

„Maikäfer flieg dein Vater ist im Krieg
deine Mutter ist in Pommerland
Pommerland ist abgebrannt
Maikäfer flieg.“

Wir hatten Glück. Wir waren davongekommen. Die Nazis hatten mit ihrer grausamen Gewaltherrschaft Andersdenkende verfolgt und ermordet. Verbrecherische Kriege und Völkermord begangen. Mit vielen Toten. Allein 30 Millionen in der Sowjetunion und 10 Millionen in Deutschland. Bis dann am 8. Mai 1945 Deutschland besiegt und Europa befreit wurde.

Rache- und Vernichtungsideen gegenüber den Deutschen kursierten. Nicht nur der Morgenthau-Plan. In der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 wurde gemessen an den deutschen Verbrechen Deutschland eine neue Chance geboten. Wir waren zufrieden und dankbar. Wenngleich die Vorpommern die Hoffnung hatten wieder zu Schweden zu kommen, wozu sie bis 1815 gehört haben. Und einer der Teilungspläne von Potsdam vorsah, dass alle Siegermächte einen direkten Landzugang zu Berlin haben sollten. Da wären wir hier in der amerikanischen Zone und große Teile Bayerns zu den Russen gekommen. Das hat meinen früheren Kollege Edmund Stoiber sehr bewegt, dass wir im Ergebnis den Kopf für Bayern hinhalten mussten.

Aus den damaligen Siegern wurden bald Gegner. Und im Jahr 1961 waren wir so nah an der Schwelle zu einem Atomkrieg wie zu keinem anderen Zeitpunkt. Doch ein Atomwaffenkrieg wollten weder Präsident Kennedy noch der Sowjetchef Chruschtschow.

Sie handelten in Wien einen Kompromiss aus. Die DDR konnte ihre Grenze gegen Westberlin schließen. Und die Sowjets zogen ihre Raketen aus Kuba zurück.

Am 13. August 1961 wurde die Mauer gebaut. Kennedy sagte am 14. August: „Eine Mauer ist verdammt noch mal besser als Krieg“. Der Mauerbau hat hier zu viel Leid geführt. Das Unheil des Mauerbaus war hart und wir waren wieder einmal die Verlierer. Dennoch haben wir alle Glück gehabt, dass es zu keinem Atomwaffenkrieg kam.

Persönlich habe ich großes Glück gehabt, dass mich in diesen spannenden Wochen Ingrid Ehrhardt geheiratet hat und viele Ärgernisse und Belastungen tapfer mit mir 54 Jahre durchgestanden hat.

Wirklich Glück gehabt haben wir mit Willy Brandt und dem kürzlich verstorbenen Egon Bahr und ihrer Politik des Wandels durch Annäherung. Ohne diese Politik wären viele spätere Entwicklungen nicht möglich gewesen. Frank Walter Steinmeier sagte über Egon Bahr: „Er war der Stellwerker, der die Weichen gestellt hat in unsere wiedervereinte, friedliche europäisch geeinte deutsche Gegenwart.“

Die neue Ostpolitik erreichte eine Entspannung zwischen Ost und West, die in der Erklärung von Helsinki 1975 mit ihrer Zusage der Menschenrechte große Hoffnungen weckte. Doch im Inland änderte sich wenig.

Großes Glück hatten wir 1985 als in der Sowjetunion Michael Gorbatschow, Generalsekretär der KPDSU wurde. Er forderte Glasnost und Perestroika. Was sinngemäß Transparenz, Meinungsfreiheit und Reformen bedeutete. Genau das, was viele Menschen in der DDR forderten wurde nun von der Führungsmacht der Sowjetunion eingeleitet.

Die DDR-Führung hatte Argumentationsnöte und rettete sich die Parole: „Wenn der Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, müssen wir das nicht nachmachen.“ Die DDR-Führung wollte nichts ändern. Aber die Menschen wurden mutiger, drängten auf die Straßen und vor allem aus Kirchen hieß es: Keine Gewalt.
Das bedeutete:

  • Kerzen statt Steine werfen
  • Dialog statt Lünchjustiz
  • Akten sichern statt Partei- und Stasizentralen anzuzünden.

Ganz anders als bei dem Aufstand 1953. Die aufmarschierten starken bewaffneten Verbände erwarteten Gewalt und fanden keine Anlässe zum Eingreifen. Am 18. Oktober 1989 setzte das SED-Zentralkomitee Erich Honecker ab. Am 9. November 1989 beschloss das Zentralkomitee der SED:

  • Reisefreiheit für alle
  • ohne Antragsverfahren
  • nur mit einem Stempel im Personalausweis.

Das sollte am folgenden Montag ermöglicht werden. Bekanntlich versprach sich am gleichen Tag ein Politbüro-Mitglied in einer internationalen Pressekonferenz und sagte: „Die Regelung tritt sofort in Kraft.“

Der Regierende Bürgermeister von Westberlin, Walter Momper, war von der Absicht die Mauer zu öffnen informiert. Nun hörte er, dass die Reiseregelung sofort in Kraft treten sollte. Er trat vor das im Osten genau verfolgte Westfernsehen und lud alle DDR-Bürger ein, nach Westberlin zu kommen, aber bitte die Trabis zu Hause zu lassen. Das war glaubwürdig und klarer als Schabowski. Daraufhin liefen die Menschen Richtung Grenze. Es wurden Hunderttausende, die sofort nach Westberlin wollten. Aber die Kommandeure der Grenzübergänge wussten noch von nichts. Die Lage war hochexplosiv. Ich fürchtete den Einsatz von Waffen und die militärische Niederwerfung der friedlichen Revolution. Mein Trauma von 1953 saß ganz tief.

Aber es fiel kein Schuss!

Das Volk der DDR stürmte die Mauer und nahm sein Selbstbestimmungsrecht wahr. Das nahmen auch die Siegermächte, die noch Deutschlands Souveränität wahrnahmen. Am 18. März 1990 wählten in freier Wahl die DDR-Bürger die Parteien, die sich eindeutig für eine schnelle Wiedervereinigung ausgesprochen hatten.

Es begannen die „2+4-Verhandlungen“ der zwei deutschen Staaten mit den vier Siegermächten über eine deutsche Wiedervereinigung. Frankreich und Großbritannien waren besorgt über ein größeres Deutschland und hofften auf Einspruch aus Polen. Aber die polnische Regierung unter Ministerpräsident Masowietzki unterstützte die Wiedervereinigung.

Wir haben Glück gehabt.
Am 3. Oktober 1990 wurde Deutschland wiedervereint und Brandenburg wiedergeboren. Wir wurden ein neues Bundesland. Aber jeder weiß, dass Brandenburg schon vor 850 Jahren gegründet wurde. Es war ein Sturzflug in die Einheit, bei dem Probleme und Unterschiede weithin nicht berücksichtigt wurden.

Aber wir haben Glück gehabt. Mit der Anwerbung von Investoren, die mithalfen wichtige industrielle Kerne im Land zu erhalten.

Wir haben Glück gehabt, dass sich 100.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger sich auf das Abenteuer der Selbständigkeit eingelassen haben und mit Mut Kreativität und Tatkraft eine eigene Existenz aufgebaut haben.

Wir haben Glück gehabt mit Helferinnen und Helfern aus westdeutschen Ländern, Westberlin und vor allem Nordrhein-Westfalen, die uns bei der Umstellung der Rechtsordnung mit 32.000 neuen Paragraphen und bei dem Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft unterstützten.

Wie haben Glück gehabt mit Persönlichkeiten, die sich voll in den Wiederaufbau des Landes begeben haben. In den Kommunen, in den Kreisen und auch in den neuen brandenburgischen Landtag. Aus der großen Zahl der Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Anfangsjahre, die zu Geburtshelfern des neuen Brandenburg wurden, möchte ich an die verstorbenen Michael Schumann und Peter Wagner erinnern.

Großes Glück haben wir gehabt, wie sich Regine Hildebrandt mit ihrer ganzen Persönlichkeit und großem Nachdruck für soziale Gerechtigkeit einsetzte. Ihr Name wird mit unserem Land verbunden bleiben und sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich eine brandenburgische Identität entwickeln konnte. Denn das ist ebenfalls eine sehr glückliche Entwicklung für uns gewesen: In der DDR war Brandenburg nicht so sehr wie zum Beispiel Sachsen oder Thüringen im Bewusstsein der Menschen verankert – wohl auch weil die DDR ihre Probleme mit dem preußischen Erbe hatte.

Aber trotzdem war das Land Brandenburg schnell in den Herzen der Menschen angekommen, mitsamt dem manchmal auch kritisch diskutierten Lied von der Märkischen Heide, und vor allem mit dem Roten Adler als Symbol – auch wenn dieser heutzutage ja manchmal auch in Weiß dargestellt wird.

Diese Brandenburger Identität hat in meinen Augen auch viel dazu beigetragen, dass so viele Menschen hier tatkräftig das Land mit aufgebaut haben und dass sie sich nicht von Rückschlägen haben entmutigen lassen. Diese Menschen sind der größte Glücksfall für unser Land und ihnen gebührt zum 25. Geburtstag Brandenburgs ein besonderer Dank.

Anrede,
viele dieser Menschen, die unser Land aufgebaut haben, durfte ich selbst kennenlernen. Insbesondere natürlich in meinen Jahren als Ministerpräsident, aber auch noch danach, habe ich unser Land bereist. Und auch wenn ich auch heute noch immer wieder neue Seiten an Brandenburg entdecke, gibt es doch nicht so viele Orte hier, in denen ich noch nicht wahr.

Dabei habe ich vor allem gelernt, dass Brandenburg viel zu bieten hat – und zwar in einer Bandbreite, die man dem Land ansonsten eher nicht unterstellt. Brandenburg ist eben auch anders als es diejenigen erwarten, die dieses Land nicht kennen. „Vielseitig“, das ist der Begriff, der mir als erstes dazu einfällt.

Ich möchte Sie jetzt auf eine kleine Reise durch Brandenburg mitnehmen, bei der wir uns einige Stationen ansehen wollen, die diese Vielseitigkeit und Vielgestaltigkeit gut aufzeigen. Natürlich kann diese Reise nur „virtuell“ stattfinden, Sie müssen sich die jeweiligen Orte also vorstellen.

Aber „Multimedia“ ist mir immer noch am liebsten, wenn es in den Köpfen der Menschen stattfindet – und ich glaube da wirkt es auch viel besser, als wenn einem immer nur bewegte Bilder vorgesetzt werden.

Die Reise beginnt in Brandenburg an der Havel. Hier erstrahlt gerade der Dom in neuem Glanz und hier befindet sich die Wiege der Mark. Die ganze Stadt hat sich sehr positiv entwickelt, wenn man sich anschaut, was sich hier in den vergangenen Jahren getan hat. Die BuGa 2015 mag vielleicht im Hinblick auf die Besucherzahlen nicht ganz so erfolgreich laufen, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat. Aber ein Erfolg für die beteiligten Städte und die Region ist sie trotzdem, weil sie viele Impulse gegeben hat.

Ein weiteres Beispiel für eine positive Stadtentwicklung finden wir etwas weiter im Norden, in Falkensee im Havelland. Die Stadt hat ihre Einwohnerzahl seit 1990 noch nicht ganz, aber fast verdoppelt, von knapp 22.000 auf ca. 42.000. Sie ist ein Beispiel für die prächtige Entwicklung, die gerade die berlinnahen Räume genommen haben.

Von Falkensee nach Nordwesten geht es in die Prignitz. Und wer hätte gedacht, dass die „märkische Streusandbüchse“ einmal zu den führenden Radreiseregionen Deutschlands gehört? Die Prignitz ist heute ein Radwege-Eldorado“ und ein gutes Beispiel für zukunftsfähigen, sanften Tourismus.

Ganz besonders wichtig in der Prignitz und für die Prignitz ist der Hochwasserschutz. Brandenburg ist da leidgeprüft, das weiß jeder von Ihnen. Für die Hochwasserabwehr ist der Elbeabschnitt im Landkreis Prignitz von sehr hoher Bedeutung. Deshalb haben wir hier 141,2 Kilometer Deiche, etwas mehr als die Hälfte direkt an der Elbe. Und viele davon sind so saniert, dass sie auch wirklich Sicherheit gegen die Hochwassergefahren bieten.

Wir bewegen uns nach Osten über Rheinsberg, eine wirkliche Perle in dieser Region, bis nach Oberhavel. Gerade hier wird die Erinnerungskultur des Landes Brandenburg großgeschrieben. Denn an Orten wie den ehemaligen Konzentrationslagern in Sachsenhausen und Ravensbrück wird unsere Verantwortung für die Zukunft besonders deutlich. Dort wird klar: Diese Verantwortung sollten wir nicht als Last begreifen, sondern als Chance, aus dem Unheil der Vergangenheit zu lernen.

Weiter Richtung Osten finden wir in der Uckermark den Nationalpark Unteres Odertal, Deutschlands einziger Auennationalpark und zugleich das erste grenzüberschreitende Großschutzgebiet mit Polen. Die Zusammenarbeit mit Polen ist natürlich im ganzen Land von großer Bedeutung, aber hier, in der direkten Grenzregion merkt man natürlich besonders, wie eng das Verhältnis zu unseren polnischen Nachbarinnen und Nachbarn mittlerweile geworden ist.

Weiter Richtung Süden geht es zum Kloster Chorin in Märkisch-Oderland, einem wunderbaren Kulturstandort. Und noch mehr Kultur finden wir im Oderbruch, das eine wahre Künstlerkolonie geworden ist. Danach kommt dann die vielleicht europäischste Stadt überhaupt, Frankfurt (Oder). Nirgendwo sonst finden sich so viele Beispiele für eine Zusammenarbeit über Grenzen hinweg, Frankfurt und Slubice zeigen, wie Kooperation wirklich funktioniert, die Doppelstadt wächst zu einem internationalen Bildungsstandort zusammen.

In Eisenhüttenstadt schlägt dann das wirtschaftliche Herz Ostbrandenburgs. Die gelungene Privatisierung und Rettung des einstigen Eisenhüttenkombinats Ost war eine große Gemeinschaftsleistung von Belegschaft, Gewerkschaften, Unternehmensleitungen, Stadt, Land, Bund und EU.

Bevor wir weiter Richtung Süden gehen, machen wir einen kurzen Abstecher in den Landkreis Dahme-Spreewald zum BER. Zugegebenermaßen eine schwierige Station, aber eine wichtige. Denn trotz aller Probleme wird der BER für die Zukunft Brandenburgs ein Motor sein, davon bin ich fest überzeugt.

Durch den Spreewald nach Südosten geht es nach Cottbus, unsere heimliche Kulturhauptstadt. Angeführt vom Staatstheater wird hier den Interessierten viel geboten und für jeden Geschmack ist etwas dabei. So hat sich das Filmfestival zum Beispiel zu einer besonderen kulturellen Brücke nach Osteuropa entwickelt.

Und damit sind wir dann auch mitten in der brandenburgischen Energieregion. Die für uns unerlässliche Braunkohleförderung wird gefolgt von der Sanierung ehemaliger Fördergebiete. Dieses ökologische Großprojekt ist eine bedeutende Erfolgsgeschichte der Deutschen Einheit.

Weiter Richtung Westen gibt es in Elbe-Elster wieder kulturelle Highlights: Die 2015 eröffnete Ausstellung Mühlberg 1547 und 2014 die kulturhistorische Ausstellung über die spannungsreiche Beziehung zwischen Preußen und Sachsen in Doberlug-Kirchhain.

Der davon nördlich gelegene Landkreis Teltow-Fläming gehört dann zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen in Ostdeutschland. Spitzenplätze bei der Luft- und Raumfahrttechnik, in der Biotechnologie und beim Fahrzeugbau zeugen davon, dass hier die Zukunft gemacht wird. Und Potsdam-Mittelmark zeigt mit der niedrigsten Arbeitslosenquote im Land, dass junge Leute in Brandenburg alle Chancen haben.

Und damit sind wir dann auch hier in Potsdam angekommen. Ich glaube zu dieser Stadt und ihrer Entwicklung muss ich gar nicht so viel sagen. Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Geschichte: Hier ist alles präsent und ich hoffe sehr, dass die Menschen in der Landeshauptstadt immer daran denken, dass im Land Brandenburg viele Standorte es nicht so leicht haben.

Anrede,
eine märkische Stadt habe ich noch ausgespart auf dieser kleinen Runde: Berlin. Das Projekt der Länderfusion ist zwar in den Neunzigern gescheitert. Aber die Zusammenarbeit ist trotzdem sehr intensiv und steigert sich weiter. Es gibt in Deutschland keine zwei Bundesländer, die so eng miteinander kooperieren wie Brandenburg und Berlin.

Beiden Ländern hilft diese Zusammenarbeit ungemein, die Verflechtungen werden auch deshalb immer enger. Ich bin überzeugt davon, dass eine große Chance für die Zukunft darin liegt, dass wir diesen Prozess fortsetzen und noch enger zusammenwachsen.

Ich glaube, dass es noch einige Bereiche gibt, in denen es sich lohnt darüber nachzudenken, wo wir uns ergänzen, wo wir gemeinsam zu besseren Lösungen kommen als alleine. Ich hoffe sehr, dass es bald gelingt eine intensive gemeinsame Wirtschaftsförderung durchzuführen.

Ob das bedeutet, dass es in absehbarer Zeit einen neuen Versuch für eine Länderfusion geben wird? Ich denke nicht. Aber ich halte das auch für gar nicht so wichtig. Das Nahziel unserer beiden Länder ist die Zusammenarbeit, gemeinsam mehr zu erreichen.

Ich hoffe, dass wir alle an die jüngere Generation weiter geben können, welchen Wert das in den vergangenen 25 Jahren geschaffene freie, friedliche und demokratische Brandenburg bedeutet.

Anrede
Ganz sicher werden auch die nächsten 25 Jahre kein Sparziergang sein. Dabei wird es wichtig sein, die weitere Kooperation mit Berlin zum Nutzen beider auszubauen.

Eine große Herausforderung bedeutet der Flüchtlingsstrom, der zur Zeit aus Mitteleuropa kommt.

Das Potsdamer Toleranzedikt von 1685 ist da ein guter Orientierungspunkt: Unter dem Großen Kurfürsten damals stammten viele der Einwanderinnen und Einwanderer aus den Niederlanden und der Schweiz. Später waren es vor allem die Hugenotten, die Zuflucht in Brandenburg und Preußen suchten.

Ich stelle mir dabei die Frage: Sind uns die Syrer heute im 21. Jahrhundert eigentlich so viel fremder als die französischen Hugenotten im 17. Jahrhundert?

Über die Jahrhunderte haben wir in Brandenburg gute Erfahrungen mit den Menschen gemacht, die zu uns kommen. Das sollte uns den Optimismus geben, auch die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Und das geht nur gemeinsam: Die Kommunen, das Land, der Bund, die Wirtschaft, wir alle müssen an einem Strang ziehen, um die Chance der Integration dieser Menschen zu nutzen.

Wir hatten fast vergessen, wie wichtig ein dauerhafter Frieden in Europa für uns ist. Wir mussten in der jüngeren Vergangenheit erleben, dass dieser Frieden nicht so sicher ist, wie wir ihn vielleicht geglaubt haben. Die Geschehnisse in der Ukraine, vor den Toren der Europäischen Union, dürfen uns deshalb nicht kaltlassen. Die Stärkung Europas ist dabei von großer Bedeutung, denn Europa ist keine Last sondern Zukunftshilfe.
Aber Weltprobleme kann Europa nur in Zusammenarbeit mit den großen Mächten klären.

Anrede
Egon Bahr hat in seiner letzten großen Rede über Lösungen in Europa und im Nahen Osten, also auch die Beseitigung von Fluchtursachen in Syrien nachgedacht: „Ohne Washington und Moskau ist keine Regelung denkbar, die dem Anspruch auf friedliche, nachhaltige Stabilität gerecht wird.“ Das gilt für die Ukraine, Syrien, Irak, Afghanistan und den Weltraum.

Um des Friedens Willen und eine gute Zukunft für die nachwachsende Generation, muss Deutschland seine guten Beziehungen zu den USA und zu Russland nutzen, um eindringlich für Zusammenarbeit der Weltmächte zu werben. Da können wir hier alle mithelfen und unsere Landes- und Bundespolitiker ermutigen, nicht nachzulassen.