Grußwort zum 80. Geburtstag von Ludwig Große am 27. Februar 2013 in Bad Blankenburg (Thüringen)

Bischof Albrecht Schönherr, langjähriger Vorsitzender im Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR hat einmal Ludwig Große als den Löwen aus Thüringen bezeichnet und Schönherr hatte Recht:

Denn Ludwig Große stand mit Mut – und wenn nötig mit Lautstärke für die Freiheit der Kirche und den Schutz der Menschen in einem Staat, in dem Kirche und Religion doppelt Feinde waren. Die Religion galt als unwissenschaftlich und zum Absterben verurteilt. Wobei nachgeholfen werden sollte. Die Kirche galt wegen der Westkontakte als 5. Kolonne des Klassenfeindes.

Ludwig Große half mit, dass die acht evangelischen Landeskirchen eine feste Gemeinschaft wurden und dabei Thüringen von einem Sonderweg zu einem Herzstück des Kirchenbundes wurde, der in Verantwortung vor Gott und für die Menschen den Weg zwischen Anpassung und Verweigerung fand.

Seine Feinde fürchteten Ludwig Große. Seine Freunde schätzten seine Treue und Zuverlässigkeit: Denn er stand zu seinen Gemeinden, seinen Mitarbeitern, insbesondere in der Jugendarbeit. Ludwig Große vermittelte die Gewissheit, dass die Diktatur der SED nicht das Ende aller Wege Gottes mit seiner Gemeinde ist.

Die Protokolle der Synoden und Kirchenleitungen belegen sein Eintreten für Wahrheit und Gerechtigkeit. Seriöse Historiker, wie etwa Anke Silomon beschreiben Ludwig Großes Kampf von Tannroda über Saalfeld, Eisenach, Berlin, Görlitz, Dresden, Halle, Schwerin.

Und ich kann mit Goethe sagen, ich bin dabei gewesen!

Nur an zwei Ereignisse will ich erinnern: Als in den 70iger Jahren die christliche Jugend den aufrechten Gang für Frieden und Gerechtigkeit begann und deshalb wegen des Symbols „Schwerter zu Pflugscharen“ verfolgt wurde, stand Ludwig Große an ihrer Seite und verhinderte, dass Kirchleitungen und Synoden wegschauten und zu dem Unrecht schwiegen. Das war der Beginn des Umbruchs in der DDR mit den  Bemühungen der Kirche, den Staat zum Einlenken zu bewegen.

Und das zweite Schlüsselereignis war die Bundessynode in Eisenach im September 1989:

Der Staat und die SED waren nicht reformbereit. Der Kirchenbund kündigte die Verhandlungen mit dem Staat auf und forderte unverzüglich Meinungsfreiheit, freie Wahlen, unabhängige Gerichte, Reisefreiheit. Die Forderungen nannten auch das Neue Forum, der Demokratische Aufbruch, die neu gegründete DDR-SPD.

Die gewaltfreie Protestbewegung, die in aller Regel in den Kirchen begann, lähmte den Waffeneinsatz der Machthaber. Die DDR brach zusammen. Die Menschen stürmten die Mauer – wie einst in Paris die Bastille und die Siegermächte mussten die Selbstbestimmung des Volkes anerkennen: Schneller als wir alle dachten wurde die deutsche Einheit möglich.

Ludwig Große hat sofort erkannt, welche neuen Herausforderungen für Wahrheit und Gerechtigkeit nun kamen: Er kämpft gegen leichtfertige Urteile über die Vergangenheit. Er weiß, dass die Totalverteufelung der DDR zu einer gespaltenen Erinnerungskultur führt und damit zum Hindernis der inneren Einheit wird.

Er sieht mit Sorge die sozialen Verwerfungen, eine Spaltung der Gesellschaft in arm und reich, in blühende und sterbende Regionen. Und Ludwig Große weiß, dass die Kirchen wieder gefordert sind, für Wahrheit und Gerechtigkeit einzutreten. Und Ludwig Große weiß, dass die Kirchen und Gemeinschaften zusammenstehen müssen und so wie hier im Kleinen die Stadtkirchengemeinde und die Evangelische Allianz. Und im Großen die Evangelische und die Katholische Kirche. Gerade hier im Osten werden die Schwächen der Katholischen Kirche auch als unsere Schwächen gesehen. Wir leiden mit, wenn die Katholische Kirche leidet.

Und so wünschen wir dem Papst Benedikt zu seinem letzten Arbeitstag Gottes Geleit und seiner Kirche einen oekumenen Aufbruch.

Vor allem aber wünschen wir Ludwig Große Gesundheit, Mut und Klarheit. Denn wir brauchen Sie noch mindestens 20 Jahre!

Danke für die Kampfgemeinschaft und Freundschaft.

Danke Ihrer Familie, dass Sie Ihnen Kraft gab.

Gott segne Sie!